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Dienstag, 23. April 2024

Das Lichtspiel von Ingenbohl

Die Decke der Klosterkirche Ingenbohl. (Foto: Ronja)

Das Kloster Ingenbohl.
Am Samstag wanderten wir auf dem Jakobsweg, das Wetter war schlecht, darum hatten wir einen kurzen Abschnitt ausgewählt: Schwyz–Brunnen. Hab ich vorgestern erzählt. Wir sahen und erlebten aber doch erstaunlich viel, einmal abgesehen vom Besuch der Ausstellung über Kinderarbeit im "Forum Schweizer Geschichte Schwyz". Wir kehrten zum Beispiel drei Mal ein. Im altehrwürdigen Café Haug in Schwyz. In der Hafenbar "Haddock" in Brunnen, einem Etablissement, das natürlich nach der "Tim und Struppi"-Figur Kapitän Haddock benannt ist. Und bald darauf liessen wir uns im Restaurant des Schiffs nieder, das uns von Brunnen nach Luzern trug, und genossen zwei Stunden lang das Vorbeigleiten der Gestade des Vierwaldstättersees. Wieder zur Wanderung: Doch, sie war vielfältig. Wir passierten unter anderem den Hauptsitz des Sackmesserherstellers Victorinox in Ibach. Auch waren da am Weg acht Kirchen und Kapellen. Am besten gefallen hat mir, denke ich auch drei Tage danach, die Kirche des Klosters Ingenbohl. Dessen diverse Gebäude wirken düster. Die Kirche aber, erbaut vom Architekten Karl Higi, mochten wir – halt, ich mochte sie, bei den anderen Leuten im Grüppli bin ich mir nicht so sicher. Der verwinkelte Grundriss tat es mir an. Und die Inszenierung des Lichts, das durch die kolorierten Fenster in der Decke einfällt.
Das Innere der Klosterkirche.

Montag, 22. April 2024

Die Winterattacke

Gestern kurz nach 14 Uhr, als ich die "Linde" verliess.
Zehn Minuten später am Bahnhof Teufen.

Eigentlich wollte ich hier heute mehr von unserer Samstagwanderung auf dem Jakobsweg von Schwyz nach Brunnen berichten. Doch dann ereilte mich gestern Mittag im heimischen Ausserrhoden derart heftig der Winter, dass ich gleich fand, ich müsste dieser Wetterattacke einen eigenen Eintrag widmen. Ich war zu einem Geburtstagsessen in der "Linde" in Teufen, einem Lokal, in dem man hervorragend kocht und ich seit vielen Jahren immer wieder mal mit der Familie einkehre. Draussen flockte es derart dicht und schwer, dass ich dachte, wir hätten Weihnachten. Später, auf der Heimreise, als ich in St. Gallen umsteigen wollte, herrschte im Bahnhof Chaos, viele Züge hatten Verspätung, Leute wuselten herum und fragten sich, auf welchem Perron ihr Zug fahren würde, wenn überhaupt. Der Schnee hatte die SBB überrumpelt. Nun, ich gelangte dann doch wieder nach Zürich. Faszinierend, wie auf der Reise zwischen Wil und Winterthur die Landschaft von Weiss auf Grün wechselte. Ich war zurück im Frühling.

Sonntag, 21. April 2024

Regenpilgern

Pfützen und Nebel: gestern zwischen Ibach und Brunnen.
Brunnen, fertig gepilgert.
Brunnen, zaghaft wird es heller über dem Vierwaldstättersee.

Kalt wars, die klammen Hände verkrochen sich in die Jackenärmel. Die Hügel und Berghänge rundum waren mit einem Schneelein überzuckert bis auf 600 Meter hinab. Nebel waberte. Auch regnete es ziemlich fest, als wir gestern auf dem Jakobsweg Schweiz die kurze Etappe von Schwyz nach Brunnen zurücklegten; dass wir für die gut zweistündige Route drei Stunden brauchten, liegt auch daran, dass wir in all die Kapellen und Kirchen am Weg eintraten, um uns immer wieder mal aufzuwärmen. Spass machte die Pilgerei allemal. Wir besuchten eine Ausstellung, lernten ein riesiges Kloster kennen, tranken in einem lustigen Hafenbeizli Prosecco (mehr von alledem bald). Am Ende nahmen wir in Brunnen spontan das Schiff nach Luzern und registrierten während der Fahrt, wie der Regen aufhörte. Wie es heller wurde. Wie sogar die Sonne sich zeigte. Was wären wir Wanderer und Wanderinnen ohne das Wetter, es ist beste Unterhaltung und hält das Gemüt in Bewegung.

Samstag, 20. April 2024

Augenhunger

Werk von Barbara Probst, in New York aufgenommen, in Luzern zu sehen:
Exposure #64, N.Y.C., 555 8th Avenue, 11. 26. 08, 5.52 p. m.
(2008 Centre PasquArt, Biel @ Barbara Probst, 2024 ProLitteris Zürich)
Wenn meine Augen hungrig sind nach Bildern, gehe ich gern in ein Museum oder Kunsthaus. Kürzlich war ich im Kunstmuseum Luzern. Dort sind grossflächige Fotos der Münchnerin Barbara Probst ausgestellt. Nie ein Fotos aufs Mal, Barbara Probst arbeitet mit Kombinationen, sie stellt mal zwei, mal drei, mal viele Aufnahmen zusammen, die ein Ganzes ergeben. In der Regel geht die Künstlerin so vor: Sie stellt mehrere Kameras auf, verbindet sie elektronisch, löst alle gleichzeitig aus. Eine bestimmte Fotokombination zeigt also stets eine einzige Szene. Aber aus verschiedenen Winkeln. Wenn dann noch Farbe und Schwarz-Weiss kombiniert sind und verschiedene Zoom-Einstellungen gewählt wurden, ist der Effekt besonders verblüffend. Mich hat die Ausstellung bestens unterhalten. Sie hat meinen Augenhunger gestillt.

Freitag, 19. April 2024

Spendables Sirnach

Sirnachs Wappen mit
drei Jakobsmuscheln.
Vor einiger Zeit passierten wir auf dem Jakobsweg Sirnach. Dass die Jakobspilgerei über Jahrhunderte den Ort im Kanton Thurgau geprägt hat, sieht man schon am Gemeindewappen, es zeigt drei Jakobsmuscheln, das Zeichen der Jakobspilger. An der Sirnacher Fasnacht wird zudem die Muschelfee erkoren, eine junge Frau, die nach der Wahl einer riesigen Muschel entsteigt und für fünf Tage die Gemeinde führt. Besonders hübsch finde ich eine andere Gepflogenheit: Jakobspilgerinnen und -pilger bekommen im "Engel", einem stattlichen Gasthaus, das früher eine Pilgerherberge war, gegen Vorweisung des Pilgerpasses gratis eine einfache Mahlzeit. Die Kosten übernimmt die Bürgergemeinde. Doch, Sirnach hat Stil.

Donnerstag, 18. April 2024

Die Stellvertreterin

Rosa Gutknecht, 1885 in Deutschland geboren, kam als kleines Kind in die Schweiz, wuchs in Zürich und später in Graubünden auf. 1901 wurde sie in Chur konfirmiert, sie war reformiert. Gutknecht besuchte das Lehrerseminar in Zürich, stellte später fest, dass ihr der Schulbetrieb nicht gefiel, ging an die Uni, begann 1913 ein Theologiestudium. Als erste Schweizerin. 1918 wurde sie ordiniert, konnte aber nicht ordentliche Pfarrerin werden, der Zürcher Regierungsrat liess keine Frauen zum Pfarramt zu mit der Begründung, dass Frauen ja auch kein Stimm- und Wahlrecht hätten. Das Bundesgericht stützte den Entscheid. Die Landeskirche schuf die Bezeichnung "Pfarrhelferin", Gutknecht sprang für erkrankte Pfarrer ein, wirkte als Spitalseelsorgerin, erteilte Religionsunterricht, doch eben, eine vollwertige Pfarrerin durfte sie nicht werden. 1959 starb sie in Zürich. Ich stiess kürzlich auf sie, als ich in Zürich beim Grossmünster am Haus zum Loch vorbeikam. Dort erklärt eine blaue Tafel die Geschichte des historischen Hauses. Rosa Gutknecht, die lange im Haus zum Loch lebte, hat auch eine Tafel, angebracht durch die Gesellschaft zu Fraumünster. Diese Tafel ist stark abgenutzt – die Schrift an einigen Stellen fast nicht mehr lesbar. Seltsam, dass die Gesellschaft, die verdiente Zürcherinnen ehren will, die eigenen Tafeln nicht anständig unterhält.

Zwei historische Tafeln am Haus zum Loch in Zürich.

Mittwoch, 17. April 2024

Auf Ottos Spuren

Pilgern oder wandern die? Zwei Frauen am Lukmanier-Stausee.

Via Konstanz, das Rheintal, den Lukmanierpass und das Tessin reisten Deutsche im Mittelalter gern nach Rom. Nicht nur Händler, Pilger, Söldner nutzten diese Route, sondern auch hochgestellte Geistliche, Adelige und gar Kaiser wie Otto I. In alten Dokumenten ist wechselweise die Rede von der Via Francigena, Via Francisca, Via Francesca; in allen drei Ausdrücken steckt "Franke", gemeint sind die Deutschen. Neuerdings versucht hierzulande ein Verein, den Schweizer Abschnitt der Route zu neuem Leben zu erwecken, er hat sich auf den Namen "Via Francisca" festgelegt, "Via Francigena" ging nicht, denn diese Bezeichnung benennt mittlerweile fix eine andere Pilgerstrecke, die von Canterbury via die Westschweiz nach Rom. Die"Via Francisca" ist in der Deutschschweiz noch nicht beschildert, im Tessin hingegen schon. Der besagte Verein wolle die Via Francisca sozusagen "aus dem Schatten des Jakobsweges" holen, las ich soeben in einem Artikel auf srf.ch. Und bekam grad Lust, auf den Spuren von Kaiser Otto zu wandeln.