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Mittwoch, 28. November 2012

Mittelholzers Matter Martyrium

Schön, oder? Das Foto machte ich im Oktober, nachdem wir den Risetenpass (SG/GL) überquert hatten. Es zeigt das Risetenhorn vom Krauchtal aus. Walter Mittelholzer hatte im März 1922 dieselbe Perspektive, freilich war das Horn tief verschneit. Und er selber war nicht zwäg wie unsereins, sondern kroch mit einem verletzten Knie durch die Schneemassen talwärts nach Matt.

Mittelholzer, der Schweizer Flugpionier, war in Mailand Richtung Dübendorf gestartet, hatte im Linthgebiet im dichten Nebel aber die Orientierung verloren. Dann der Unfall, den er später in seinem Buch "Persienflug" schilderte:
"Aus dem Nebelgrau schiesst plötzlich eine hellschimmernde, weisse Fläche auf mich zu. Instinktiv ziehe ich das Höhensteuer. Ein furchtbares Krachen durch Mark und Bein - dann Totenstille..."
Walter Mittelholzer, Schweizer Flugpionier, 1894 bis 1937.
Mittelholzer erwacht, das Knie ist geschwollen und tut furchtbar weh, er rutscht auf dem Rücken talwärts, löst eine Lawine aus, hält sich an einer Tanne, entkommt so gleich noch einmal dem Tod. Die erste Nacht bei Minustemperatur verbringt er in einer Alphütte, findet zwar Schwefelhölzchen, die aber nicht zünden, schlottert qualvoll vor sich hin. Dann rutscht und kriecht er weiter, hinkt später auf einen Ast gestützt durchs endlose Krauchtal. Alle 200, 300 Meter schläft er ein. Es wird wieder Abend:
"Ein letzter rotgoldener Schein spielte um die obersten Felsen des Risetenhorns, an dessen Fuss als kleines, schwarzes Pünktchen mein armes Flugzeug mit zerbrochenen Schwingen lag."
Um Mitternacht kommt Mittelholzer in Matt im Sernftal an, ist aber so erschöpft, dass er nicht um Hilfe rufen kann, er schläft im Dorf auf dem Schnee ein. Am Morgen wankt er in eine Gaststube, den Fliegerhelm auf dem Kopf, das Gesicht voller Blut, und bittet um heissen Tee und Wein. Es dauert drei Monate, bis er wiederhergestellt ist.


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